GIMPS - Great Internet Prime Number Search

back to top   Was sind Mersennesche (Prim-)Zahlen?

 

Nach einem französichen Mönch (M. Mersenne (1588-1648)) benannte Primzahlen (im Zeichen Mn) der Form 2n-1, wobei n eine natürliche Zahl ist. Existiert für n eine Primfaktorzerlegung (d.h. n ist keine Primzahl) so gilt dies auch für Mn.
Ist n eine Primzahl, so kann dies auch für Mn gelten (muß es aber nicht): z.B. ist 23-1 = 7 eine Primzahl, 211-1 = 2047=23*89 dagegen nicht.
Je zwei verschiedene Mersennesche Zahlen sind übrigens teilerfremd. Es ist unbekannt, ob unendlich viele der Mersenneschen Zahlen prim sind.

Mersennesche Primzahlen spielen eine wichtige Rolle in der Zahlentheorie, da sie Ideale Kandidaten für Primzahlen sind.

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Die Jagd nach mathematischen Rekorden / Der Computer als Helfer / Beteiligung über Internet / Hohes Preisgeld

Warum klettern Bergsteiger ohne Sauerstoffgerät auf den Mount Everest oder durchsteigen im Winter die Nordwand des Eigers? Warum wollen Sportler immer schneller laufen, immer höher springen oder eine Kugel immer weiter stoßen? Warum reisen Menschen zum Nordpol, zum Südpol oder zum Mond? Es ist nicht leicht, diese Fragen zu beantworten. Rationale Gründe, so etwas zu tun, gibt es nicht. Vielleicht ist es das Erfahren und Hinausschieben der eigenen Grenzen, das den Menschen einen süchtig machenden Kitzel verschafft. Vielleicht ist es auch der Genuß des Ruhms, der Größte, Schnellste, Beste oder Weitgereistete zu sein.

Der Hochleistungssport der Mathematiker ist die Jagd auf immer größere Primzahlen. Den Weltrekord hält der amerikanische Student Roland Clarkson, der im Januar 1998 die Primzahl 23021377-1 entdeckte. Diese Formel bedeutet, man soll 3021377 Zweien miteinander multiplizieren und vom Ergebnis noch 1 abziehen. Die Berechnung ergäbe eine Zahl mit fast einer Million Stellen, und wäre sie in dieser Zeitung abgedruckt, nähme sie etwa 33 Seiten in Anspruch.

Anmerkung: Diese Information ist natürlich nicht mehr korrekt ...
Inzwischen wurde mit 213466917-1 die 39. und am 2003-09-17 die 40. Mersennesche Primzahl entdeckt.
Im Mai 2004 wurde auch das Auffinden der 41. bestätigt.

Um was geht es eigentlich? Primzahlen sind positive Zahlen, die sich nur durch 1 und durch sich selbst ohne Rest teilen lassen. Jede natürliche Zahl ist nun entweder eine Primzahl, beispielsweise die 2 oder die 3, oder ein Produkt aus Primzahlen wie die 6, die sich aus der Multiplikation von 2 mit 3 ergibt. Man kann aus Primzahlen also alle anderen ganzen Zahlen zusammenbauen. Darum haben sie in der Mathematik etwa die gleiche Bedeutung wie die Elementarteilchen in der Physik. Die ersten Primzahlen sind noch leicht zu finden. Werden die Zahlen aber größer, wird es immer schwieriger, festzustellen, ob sie prim sind. Von etwa hundert- bis zweihundertstelligen Zahlen an sind normalerweise sogar die größten Computer der Welt hoffnungslos überfordert.

Auffällig an der gigantischen Clarksonschen Primzahl ist, daß sie eine Zweierpotenz ist, von der 1 abgezogen wird. Das ist kein Zufall, und der Grund dafür ist eine lange Geschichte, die vor über 2500 Jahren mit der Suche nach ganz anderen Zahlen begann. In der Antike - aber auch noch bis weit in die Neuzeit hinein - sahen die Mystiker in den Zahlen geheimnisvolle Bedeutungen und magische Kräfte verborgen. Als Zahlen mit besonders großen magischen Kräften galten die vollkommenen Zahlen.

Vollkommen wird eine Zahl genannt, wenn die Summe ihrer Teiler gleich der Zahl selbst ist. Die kleinste vollkommene Zahl ist die 6, denn 6 ist durch 1, durch 2 und durch 3 teilbar, und ihre Teilersumme beträgt 6. Sie galt im Altertum als die herrlichste aller vollkommenen Zahlen; denn Gott hat die Welt an sechs Tagen erschaffen. Moses riet, den Acker sechs Jahre lang zu bestelle und ihn dann ein Jahr lang brachliegen zu lassen. Goliath war sechs Ellen hoch, und Jesus wurde am sechsten Tag der Woche in der sechsten Stunde gekreuzigt. Die nächstgrößte vollkommene Zahl ist die 28. Die Mystiker bemerkten, daß der Mond der Erde in 28 Tagen umrundet, und auch der Menstruationszyklus einer Frau dauert 28 Tage.

Die Zahlenmystiker waren zutiefst davon überzeugt, wenn es gelänge, noch mehr vollkommene Zahlen zu finden, so würden diese tiefe Wahrheiten über das Universum enthüllen. Deshalb war verständlicherweise die Suche nach solchen Zahlen wichtig. Um 300 v. Chr. hat der griechische Mathematiker Euklid eine enge Verwandtschaft zwischen den Primzahlen und den vollkommenen Zahlen entdeckt. Damit vereinfachte sich die Suche nach vollkommenen Zahlen enorm.

Im Jahre 1644 veröffentlichte Pater Marin Mersenne sein Werk Cogitata Physico-Mathematica. Darin behauptet er, für alle Primzahlen bis 257 sei der Ausdruck 2P-1 nur in elf Fällen selbst wieder prim. Man bezeichnet heute deshalb alle Zahlen dieser Form als Mersennesche Primzahlen. War Pater Mersennes Liste vollständig und richtig? Diese Frage sollte die Mathematik der nächsten drei Jahrhunderte beschäftigen. Erst 225 Jahre nach der Veröffentlichung von Cogitata Physico-Mathematica wurde der erste Fehler in Pater Mersennes Liste entdeckt. Es fehlte eine Zahl. Der russische Mathematiker I. M. Pervushin konnte beweisen, daß die Mersennesche Zahl mit der Basis 61 eine Primzahl ist.

Zwanzig Jahre später wurde der nächste Fehler gefunden. Auf einem Treffen der American Mathematical Society im Oktober 1993 trat F. N. Cole, als sein Vortrag an die Reihe kam, ohne ein Wort zu sagen, an die Tafel und begann, den Wert von 267 auszurechnen. Dann zog er sorgfältig 1 ab. Danach multiplizierte er zwei sehr große Zahlen miteinander. Die beiden Ergebnisse stimmten überein. Zum ersten und einzigen Mal brach das Publikum einer Versammlung der American Mathematical Society in Applaus aus. Cole ging zu seinem Platz zurück, ohne ein Wort gesagt zu haben, und niemand stellte eine Frage.

Erst 1974 waren alle Mersenneschen Zahlen bis zur Basis 257 auf ihre Teilbarkeit hin überprüft. Dabei waren keine weiteren Fehler in Mersennes Liste aufgetaucht. Damit wäre das Thema nun eigentlich erledigt gewesen, aber der Ehrgeiz der Mathematiker war entfacht. Jetzt ging es nicht mehr um die Suche nach perfekten Zahlen, sondern um neue Primzahlrekorde, und dafür waren die Mersenneschen Zahlen die besten Kandidaten. Außerdem hatten die Mathematiker ein neues Spielzeug bekommen, mit dem sich mühsame Rechnerei schnell erledigen ließ: den Computer. Damit fand R. M. Robinson 1952 fünf neue Mersennesche Primzahlen und ein paar Jahre später H. Riesel noch eine sechste.

Der Mathematiker Samual Yates prägte die Ausdrücke titanische und gigantische Primzahlen für Primzahlen von mindestens tausend beziehungsweise zehntausend Stellen. Die beiden ersten titanischen Primzahlen, 24253-1 und 24423-1, wurden 1961 von A. Hurwitz gefunden. Das Jahr 1963 war wieder ein sehr erfolgreiches Jahr für die Primzahljagd. D. B. Gillies von der Universität Illinois fand drei neue Mersennesche Primzahlen. Die Universität war so stolz auf die Entdeckung, daß die größte von ihnen einige Jahre lang auf die Briefumschläge ihres Mathematischen Instituts gestempelt wurde. Als 1971 Bryant Tuckerman von der Firma IBM die nächste Mersennesche Primzahl fand, griff man die Idee auf, und eine Zeitlag zierte der Satz "219937-1 is a prime" die Umschläge des IBM-Forschungszentrums. Als erste gigantische Zahl spürten Harry Nelson und David Slowinski im Jahr 1978 die Zahl 244497-1 auf.

Im Jahre 1995 trat George Woltmann, ein hervorragender Programmierer, auf den Plan. Ihm war klar, daß über das Internet Millionen von Computern miteinander verbunden sind und die meisten davon noch sehr viel freie Rechenkapazität haben. Warum also sollte man diese Kapazität nicht für die Suche nach Mersenneschen Primzahlen nutzen? Folglich faßte er alle Primzahlen-Datenbänke zu einer einzigen zusammen, schrieb ein Suchprogram für Mersennesche Primzahlen und stellte beides im Internet zur freien Verfügung. Damit war die "Gimps", die Great Internet Mersenne Prime Search, ins Leben gerufen. Seitdem haben sich schon Tausende von Computerbesitzern aus der ganzen Welt an der Suche beteiligt, und es sind auch schon einige Früchte geerntet worden.

Im Jahre 1997 wurde die Gimps durch das Primenet erweitert, das Scott Kurowski und einige andere Wissenschaftler geschrieben haben. Dieses Internet-Programm teilt Computerbesitzern, die sich an der Gimps beteiligen wollen, automatisch einen Zahlenbereich zu, fragt die Ergebnisse ab und gibt sie an Gimps weiter. Im Dezember 1997 bekam der Student Roland Clarkson vom Primenet die Zahl 23021377-1 zur Überprüfung zugeteilt. Eigentlich wollte Clarkson diese Zahl am liebsten gar nicht testen, denn er fand, sie liege zu dicht bei einer kurz vorher von Spence gefundenen Primzahl, als daß sie ebenfalls eine sein könnte. Trotzdem ließ er seinen Computer laufen und fand schließlich nach 46 Tagen: sie ist prim. Wer sich an der Suche nach noch größeren Primzahlen beteiligen möchte, findet alle nötigen Informationen auf der (inzwischen nicht mehr erreichbaren) Internetseite www.octocad.demon.co.uk/mersenne/prime.htm. Für die Entdeckung der ersten Primzahl mit mehr als einer Million Stellen ist ein Preis von 50 000 Dollar ausgeschrieben.

Heinrich Hemme

Aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung; Mittwoch 21. April 1999, Nr. 92, Seite N 2

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